Montag, 6. März 2006

Wirbelwind

Mein lieber Cap,
Adrenalin pur die letzten Stunden. Erst die große Aktion heute Nacht und dann die vielen kleinen heute den Tag über. Ein gutes Gespräch war es heute und so wie es aussieht wird gleich ein Projektjob daraus - mal sehen. Wäre zumindest eine tolle Sache. Mal sehen, ob es was wird - mir kommt leider die Reise nach L. noch ins Gehege.

Mehr, wenn es wieder ein wenig Ruhe hat.
In LIebe, deine Polly

Der Cap aus BishkeK

Bishkek, Samstag, 4. März

Hallo meine Polly! Jetzt kann ich endlich ein wenig zu unserem kleinen Wir im Netz was schreiben. Hier ist gerade halb zehn abends. Samstag. Man hat mir streng verboten, nach Einbruch der Dunkelheit durch die Gegend zu laufen. Nicht wegen der Verbrecher, sondern der Polizisten. Beherzige ich auch brav. Ist sowieso besser bei den stockdunklen Strassen und den vielen offenen Gullis. Ja, ich wohne mitten im Stadtzentrum, aber auch auf Hauptverkehrsstrassen sind lustige Fallen. Wenn man da reinfährt oder noch besser reinfällt.... Ob man die Stadt Bishkek auf Schmerzensgeld verklagen kann? Und so sitze ich allein in einer hmm... bescheidenen Wohnung und höre De Phazz und tippe Buchstaben. Heute wurde endlich ein Klositz eingebaut. Davor war das noch abenteuerlicher als am Anfang in Arecida. Auch haben sie heute einen Kühlschrank gebracht, wenn er anspringt, hört es sich an als ob ein Hubschrauber in der Küche startet, ohne Übertreibung. Muss um die 50 Jahre alt sein. Ich denke, ich probiere heute mal die Ohropax aus

Ja, wir sind schon ziemlich verwöhnt. Ich war heute auf der Suche nach etwas Vergleichbarem wie einem Supermarkt. Gibt es hier nicht! Es gibt sogenannte Supermärkte aber das ist eine Ansammlung von kleinen Kiosken, die alle dasselbe Grundangebot haben. Also ich habe mir Müsli und Spaghetti geholt. Saucen gibt es so richtig nicht, ich werde mal rumexperimentieren. Der Herd steht übrigens auf dem Balkon. Überdacht. Wie soll man da im Winter kochen? Ich denke den nächsten TÜV kriegt der auch nicht mehr
Dafür gibt es, nachdem ich meinen Leatherman erfolgreich eingesetzt habe, Warmwasser!

Die Straßen sind sehr staubig. Ich konnte kaum mit offenen Augen langlaufen, immerzu flogen Staubkörner hinein. Die Einheimischen scheinen immun. Haben halt mehr Schlitz als ich, hehe.

Aber jetzt ein wenig zum Film.

Das Filmstudio Kirgisfilm sieht aus wie ein verlassenes Fabrikgebäude. In dem Foyer sitzen seltsame Leute auf einer Bank. Ich muss sie alle per Handschlag grüßen, wer sie sind und was sie machen, keine Ahnung.

Unser Office dort ist allerdings sehr nett, mit einem Panoramablick auf wirklich traumhafte Berge. Der Regisseur ist sehr nett. Wir haben uns am ersten Tag 6 Stunden unterhalten. Erst über den Film, dann über Gott und die Welt. Ich mag ihn, ist ein echter Idealist und Kinofan. Solche Leute haben es hier sehr, sehr schwer.

Die Mitarbeiter bei der Produktion sind auch sehr nett, es gibt leider keinerlei qualifizierten Assistenten in Kirgisien, so muss ich wohl doch jemanden importieren aus Russland oder einen Tadschiken.

Die Leute bei dem Film verdienen bis maximal 500 Dollar im Monat. Das heißt, ich bin hier schon der absolute Geldfresser. Meine Diäten haben andere als Gage, schon ein komisches Gefühl, wenn man mit den Leuten zusammenarbeitet.

Es gibt einen übrig gebliebenen hauseigenen Propbauer bei Kirgisfilm. Der ist um die 65 und hat ziemlich sichtbar Parkinson. Er hat mir ein paar Glocken für Kamele gezeigt, die er mit feinen Mustern bemalt hat. Wie hat er das bloß geschafft?



Ich mach mal Schluss für heute, werde am Montag die Nachricht schicken können. Morgen schreibe ich noch ein bisserl. Ich liebe Dich.

Bishkek, Sonntag, 5.März

Heute war wieder ein Frühlingstag. Um die 20 Grad. Hmm... unseren Winterdreh können wir hier in der Gegend knicken. Da muss man richtig in die Berge fahren. Ich höre gerade Amelie. Hab HEIMWEH!!!! Komme mir vor, wie in einem goldenen(Na ja, blechernen) Käfig. Habe heute ein Storyboard für eine historische kasachische Hochzeit fertig gemalt. Und mit Listen angefangen.

Der Regieassi Nurdin hat mich heute Nachmittag ein wenig rumgeführt. Sonntag haben alle, wiederhole alle Läden offen! Er hat mir ein bisschen die Innenstadt gezeigt. Den Platz auf dem die Revolution stattfand auch. Er war an vorderster Front mit dabei. Hut ab. Die politische Lage hat sich jetzt halbwegs stabilisiert.

Hier gibt es alles mögliche Fake Zeug angefangen von Gucci und Prada Taschen(mitbringen?, sehen ziemlich echt und gut verarbeitet aus) bis hin zu Rolex-Uhren. China ist halt nicht weit

Ich habe mir heute drei gebrannte DVDs gekauft, The constant gardener, Syriana und the Corpse Bride von Tim Burton. Stückpreis: 5 EUR. Dann waren wir in einem richtigen Supermarkt mit Einkaufswagen. Ich habe zugeschlagen und 400 g M&Ms geholt. Auch ein Bier. Staropramen. Irgendwie hatte ich Lust. Habe ungefähr 12 EUR für den kleinen Einkauf bezahlt, Preise wie bei uns. Mit dem kleinen Unterschied, dass es hier ein Fünftel des Monatseinkommens ist.

Ich habe Nurdin(34) gefragt, wie man hier mit den paar Kröten überleben kann. Er zuckte mit den Schultern. Ihm und seiner Familie geht es im Vergleich ganz gut. Er verdient 300 Dollar. Seine Frau ist Lehrerin an der Uni und arbeitslos. (Würde an der Uni 20 EUR kriegen) Er hat zwei Kinder, 12 und 6. Mädchen und Junge. Auf dem Mann lastet Verantwortung. Arbeitslosengeld, Krankenkasse etc. sind hier Fremdwörter.

Die Innenstadt hat einen schrulligen morbiden Charme. Alles 60er Jahre modernistische Architektur. Ziemlich breite Strassen. Überall komische kleine Buden und Omas, die Kaugummis verkaufen. Auch viele Leute, die in Grüppchen scheinbar sinnlos rumstehen. Die Frauen sind meistens ziemlich aufgetakelt, selten mit Geschmack. Am schlimmsten sind die gruselig herauswachsenden gefärbten Haare. Wenig hübsche. Die Typen sind ziemlich unauffällig gekleidet. Viele in Anzügen. Die Hosenbeine sind oft viel zu lang. Wenig Hübsche. Eine ziemlich stattlich russische Minderheit lebt hier. Jeder Dritte ungefähr ist Russe. Hab leider meine Kamera nicht mitgehabt. Schon ein komisches Gefühl, 20 Monatseinkommen um den Hals zu tragen...

Und bei Dir? München hat dich wohl wieder ausgespuckt, was? Aber schön, dass noch ein Gespräch in Berlin stattfindet. Jetzt geht es ja auch bald nach London. Ich würde Dich jetzt gern umarmen. Tue ich jjjjjjjetzt. Und jetzt schicke ich Dir einen Kuss. Flatter, flatter, flatter....

Ich liebe Dich, meine liebste Polly.
dein Cap

Freitag, 3. März 2006

Schwimmbadfuesse

Lieber Lieber,
hier ist es doof, doof, doof. Morgens schneit es, als ob Frau Holle einen Wutanfall bekommen hätte und nachmittags wird es so warm, dass der ganze Sch... taut und die Strassen vollsuppt. Das Ergebnis war ein Schwimmbad in meinen Turnschuhen. Ich konnte sogar die Socken auswringen. Eins steht fest, wenns hier nicht sein muss, dann muss es hier nicht wirklich sein. Dafuer habe ich mir einen schönen Frühnachmittag in der Neuen Pinakothek und eine Reise durch die Zeit der Malerei gemacht. Naja, die letzten zweihundert Jahre zumindest. So habe ich ein wenig Kultur getankt und mich gefragt, wo das Herz an meiner Seite gerade ist. Und dann war da so eine schöne Nachricht auf meinem AB... da strahlte der Himmel trotz fieser Schneesturmdecke gleich wieder. So... ich überrasch dich jetzt, damit rechnest du bestimmt nicht.

In Liebe, deine Polly

Donnerstag, 2. März 2006

Sonnenschein über der Marie

Lieber Cap,
deine Nachrichten kamen dann doch an. Ich melde mich, sobald ich ein richtiges Telefon finde. Du fehlst mir. Aber zum Glück ist die Zeit hier in München so spannende, dass ich gar nicht zum Nachdenken komme. Der Termin heute war so lala. Hörte sich mehr nach Wettbewerbsanalyse denn nach Vorstellung an... "eigentlich suchen wir ja jemanden mit mehr Berufserfahrung, aber das Gespräch mit dir war trotzdem sehr interessant und ich werde mal darüber nachdenken..." blablablubb. Und Zeit für meine Fragen oder zum Selbervorstellen hatten Sie nicht einmal, dann war nach 45 Minuten der Termin schon zuende. (Der Chef kam erst zu spät und musste dann früher gehen.) Dafür war der Nachmittag schön. Ich war bei Sven und seinem Sohn. Wir haben Kartoffelbrei gegessen, geredet und sind spazieren gegangen. Heute abend treffe ich T. von zu Hause. M. muss heute nacht arbeiten, so lange bis die Alarmanlage angeht. Einen neuen Termin in B. am Montag habe ich dafür. Und wie läuft deine Expedition?

In Liebe, deine polly

Mittwoch, 1. März 2006

drei, zwei, eins...

Lieber Cap,
nun sind es nur noch Minuten, bis du dich wieder in den Himmel erhebst, um neue Länder zu erkunden. Diesmal bist du nicht nur für einen Augenblick weg, aber die kommenden Stunden und Tage werden so angefüllt sein mit Leben, dass ich keine Zeit haben werde traurig zu sein. An dich denken werde ich dennoch die ganze Zeit. Auch ich bin an den letzten Vorbereitungen und bin gespannt, wie meine Fahrt werden wird. Ich berichte... versprochen.

In Liebe,
Anne

Dienstag, 28. Februar 2006

das rosa Kaninchen

Lieber Cap,
heute haben wir die Mafia hintergangen. Sie haben falsch mit uns gespielt. Sie waren durchaus freundlich. Ein Komplott? Sag du es mir. Nur noch wenige Stunden und die große Entführung steht bevor. Unsere Wege trennen sich, aber nicht unsere Gedanken. Nicht unsere Herzen. Nicht unsere Liebe. Ich aber weiß, was wir morgen machen. Du auch?

In Liebe, deine Polly

Sonntag, 26. Februar 2006

Sonnenflocken

Mein lieber Cap,
gestern führte uns unsere Reise noch nach Nashville und Alabama. Wir haben zusammen gelacht und in Gedanken getanzt. Ich konnte deine Hand in meiner fühlen und dein Lachen an meinem Ohr spüren. Die Erinnerung habe ich ganz fest in mein Herz geschlossen, damit sie mich nie wieder verlässt. Heute scheint die Sonne und weiße Schneeflocken glitzern unter uns. Ich freue mich, die nächsten Stunden mit dir zu teilen.

In Liebe, deine Polly

Freitag, 24. Februar 2006

Freitag der 24

Lieber Cap,
heute haben wir den Himmel über Vietnam unsicher gemacht. Einen kleinen Kurzurlaub, der uns schöne Stunden gemeinsam schenkt. Das musst du gut in deinem Kopf behalten, damit du träumen kannst, wenn Zeit dafür ist. Bald ist es schließlich soweit und du gehst wieder auf die große Reise. Ich freue mich schon jetzt auf deine Wiederkehr. Der Countdown hat begonnen.

In Liebe, deine Polly

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